Elektromobilität - nicht ohne Probleme


Ich persönlich stehe dem ganzen Thema E-Autos ja kritisch gegenüber. Meiner Meinung nach ist Wasserstoff die bessere Lösung. Doch bis es soweit ist, sorgen wir erstmal für einen kräftigen Schub an E-Autos. Allein in diesem Jahr kommen so viele Elektroautos neu auf den Markt, wie es bisher noch nicht der Fall war. Doch leider kristallisieren sich immer mehr Probleme heraus. Welche das sind, finden wir heute heraus. Dabei schauen wir nicht auf die Produktionsbedingungen der Hochvoltkomponenten, sondern beschäftigen uns mehr mit den alltäglichen Problemen.


Nummer 1: Der Umstieg - vom E-Auto zum Verbrenner und wieder zurück?

 

Die meisten werden vermutlich meinen, dass es E-Autos erst seit ein paar Jahren gibt. Doch das ist falsch. Fest steht: In den letzten fast 100 Jahren gab es eigentlich fast nur Verbrenner-Fahrzeuge zu kaufen. Doch vor dieser Zeit (also so ab Anfang der 1900er Jahre) gab es bei den Fahrzeugen ein Problem: Man musste sie umständlich anmachen. Meistens mit einer Kurbel. Und dann erst der Sprit: Den gab es nur an der Apotheke. Und wenn die mal zu hat, wird es kritisch. Erst 1911 baute Cadillac einen elektrischen Anlasser ein (der wiederum von Charles Kettering erfunden wurde, zu dieser Zeit Chef der Firma DELCO). Damit entfiel der aufwendigste Teil beim Autofahren. Und auch das Benzin wurde im Laufe der Zeit immer leichter dem Markt zugeführt. 

Doch dazwischen gab es auch schon Elektroautos. Meist waren sie ziemlich unpraktisch, denn die Technik nahm zu viel Platz weg. Dafür stimmte die Reichweite - für damalige Verhältnisse. Annähernd 100 km schaffte man mit einer Ladung. 40% der damals in New York zugelassenen Fahrzeuge fuhren elektrisch. 

Doch mit den Siegeszug des Verbrenners, starb der E-Antrieb aus. Fahrzeuge mit konventionellen Antrieb hatten mehr Reichweite, waren leichter zu tanken und waren alltagstauglicher. Diese Vorzüge gelten bis heute. Doch nun nehmen E-Autos immer mehr Platz in unseren Alltag ein. Denn wir müssen unsere Klimaziele einhalten. Dabei ist das ja noch ein anderes Problem...

Halten wir fest: Die Welt macht eine Rolle rückwärts. Wir entwickeln Autos, die eigentlich schon tot geglaubt waren. Und plötzlich tauchen auch wieder die Nachteile von damals auf.


Nummer 2: Die Reichweite - damals waren 100 km viel - heute ist es fast schon lächerlich

 

Moderne Autos mit Verbrennungsmotoren schaffen je nach Motorisierung und Kraftstoff Reichweiten zwischen 500-1000 km und mehr. Dabei ist es (beinahe) völlig egal ob es nun -20 Grad oder +40 Grad sind, die Reichweite schrumpft zwar auch, aber deutlich weniger als bei einem Stromer. Dort liegen die Reichweiten im Schnitt bei 150-500 km. Und das sind nur die theoretischen Werte. Im Alltag schrumpft die Reichweite je nach Wetterlage deutlich. Ein gutes Beispiel, wie stark die Reichweite sinken kann, zeigt Renault auf der Modellseite des ZOE (übrigens das meistverkaufte Elektroauto in Europa). Die theoretische Reichweite liegt bei max. 395 km (je nach Variante). Diese würde er erreichen, wenn es draußen +25 Grad sind, die serienmäßigen 15 Zoll Reifen montiert sind, der Eco-Modus eingeschaltet ist und die Klimaanlage ausgeschaltet ist. Die durchschnittliche Reichweite liegt bei 70 km/h. Schaltet man jetzt die Klimaanlage hinzu, schrumpft die Reichweite auf 377 km. Hat man dann noch die 17 Zoll Reifen montiert, sind es schon 341 km. Und der persönliche Fahrstil zählt auch noch mit. Doch wie sieht es im Winter aus? Bei 0 Grad, ausgeschalteter Heizung, aktiviertem Eco-Modus und 15 Zoll Reifen sind es 356 km. Hat man jetzt die 17 Zoll Reifen montiert, sind es nur noch 338 km. Jetzt aktivieren wir noch die Heizung dazu. Und schon sind wir bei 298 km. Alles bei durchschnittlich 70 km/h versteht sich. Natürlich ist das ausreichend. Aber trotzdem hat man bei einem herkömmlichen Antrieb nicht ständig die Sorge davor, stehen zu bleiben. 

Früher lag die Reichweite von E-Autos bei ungefähr 100 km. Das war viel, heute ist es wenig. Und auch das aufladen ist heute einfacher - wobei das ja teilweise auch eher schwierig ist...

 

Wer selber einmal die Reichweite des Renault ZOE ausrechnen möchte, sollte hier vorbeischauen: https://www.renault.de/modellpalette/renault-modelluebersicht/zoe.html  


Nummer 3: Das Laden - tausend Möglichkeiten machen es einem nicht gerade einfach

 

Wie tanken wir ein herkömmliches Fahrzeug voll? Wir fahren zur Tankstelle, stecken den Zapfhahn rein, gehen in den Laden, bezahlen und fahren wieder los. Das Ganze dauert in der Regel maximal 5 Minuten. Wie laden wir ein E-Auto auf? Wir suchen eine passende und vor allem freie Ladesäule, schauen nach wie viel der Strom kostet (gut das ist kein Unterschied zum herkömmlichen tanken), stecken das Ladekabel rein und warten, bis die Batterie voll ist. Danach zahlen wir und fahren weiter. Im Grunde genommen kein großer Unterschied zu einem Verbrenner. Und doch ist das Laden eines Strom betriebenen Fahrzeuges deutlich komplizierter. Das fängt schon damit an, dass wir aktuell noch zu wenige Ladestationen haben. Außerdem braucht ein E-Auto mindestens 30 Minuten um einigermaßen Reichweite zu erzielen. Und damit fängt es schon an. Jedes E-Auto hat andere Ladegeschwindigkeiten. Der eine schafft maximal 50 kWh, der nächste 150 kWh, ein anderer schaft 75 kWh... Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Das sorgt dafür, dass ein Auto in 30 Minuten nicht die selbe Reichweite erzielt (und natürlich hat auch die Batteriegröße was damit zu tun). Im Grunde orientiert sich die Ladegeschwindigkeit an der Nutzungsart eines Fahrzeuges. Kleine Stadtautos brauchen natürlich weniger, als große Langstreckenfahrzeuge. Alles also kein Problem könnte man meinen. Doch leider schafft nicht jede Ladesäule in Deutschland die nötige Spannung. Somit werden E-Autos also mit unterschiedlicher Leistung voll geladen. Wer also einen Porsche Taycan beim örtlichen Supermarkt auflädt, erzielt in 15 Minuten eine kleinere Reichweite, als bei einem Schnelllader (bei jeweils gleichem Akkustand als Ausgangsbasis). 

Da E-Autos meistens eine halbe Stunde an der Säule stehen, muss man als Fahrer eines solchen Vehicles (wenn die Ladesäule voll besetzt ist) eine gewisse Wartezeit in Anspruch nehmen, bis man ebenfalls laden kann. Der Kollege mit dem Verbrenner könnte sein Auto in der selben Zeeit an der normalen Tankstelle mehrmals auftanken und kann nach wenigen Minuten wieder weiterfahren.

Und wie sieht es mit dem bezahlen aus? Auch da gibt es unterschiedliche Wege. Es gibt Ladekarten mit denen man sich an der Säule einloggt und dann eine monatliche oder jährliche Pauschalgebühr oder die reale Gebühr bezahlt. Dann braucht man an der nächsten Säule eventuell eine App um die Säule frei zu schalten. Die nächste Säule akzeptiert nur EC- oder Kreditkarten. Und dann gibt es auch noch unterschiedliche Preise, je nachdem ob man vielleicht registriert ist oder nicht. Bedeutet: Wer eine fremde Ladesäule im Urlaub nutzt, zahlt vielleicht mehr, als es ein Einheimischer tun würde. Außerdem sind die Preise für ein kWh nicht sofort ersichtlich. 

IONITY - eine Firma welche von den deutschen Automobilherstellern gegründet wurde - hatte bis vor kurzem ein tolles Angebot vorzuweisen: Man zahlte pro Ladevorgang pauschal 8,00 €, egal wie viel man lädt. Aktuell zahlt man 0,79 € pro kWh, es sei denn man fährt einen Stromer aus deutschem Hause, denn dann zahlt man je nach Hersteller einen anderen Preis. Für den Porsche Taycan werden z.B. 0,33 € pro kWh fällig.


Nummer 4: CCS oder CHAdeMO - letzteres ist in Deutschland eher das Problem

 

Combined Charge System (kurz CCS) ist der in Europa weit verbreitete Ladestandard. Damit sind Geschwindigkeiten von bis zu 350 kW pro Ladevorgang möglich (je nachdem was die Batterie des Fahrzeuges hergibt). Dieser Standard wird in Europa massiv ausgebaut. Der CHAdeMO Standard ist hingegen bei asiatischen Fahrzeugen vor zu finden. Dieser erreicht maximale Ladegeschwindigkeiten von 400 kW (in der neusten Ausbaustufe ab 2020). In Europa und Deutschland sind aber am meisten Ladesäulen mit 50 kW zu finden. Allerdings sind logischerweise CCS-Ladesäulen in Deutschland häufiger anzutreffen. Wer also eine Ladesäule findet, sollte gucken ob der Anschluss passt. In der Regel suchen Elektroautos aber nur passende Säulen heraus. 


Nummer 5: Die Ruhe beim Fahren - schön wär´s

 

E-Autos gelten als besonders leise. Im Stand und bei niedrigen Geschwindigkeiten ist das auch richtig, nicht umsonst haben solche Autos ein besonderes Fahrgeräusch, damit man sie auch anfahren hört. Ab 30 km/h sind es dann die Reifen, welche für das Fahrgeräusch sorgen. Und da liegt das Problem: Bei höheren Geschwindigkeiten verfliegt der Geräuschvorteil. Dies konnte ich vor ein paar Wochen selber herausfinden. Als ich bei der Arbeit war und in der Pause zum Bäcker wollte, kam mir ein Tesla Model 3 entgegen. Ich war zu Fuß unterwegs und konnte daher genau hinhören. Was ich hörte waren die Abrollgeräusche. Kurz darauf kamen weitere Autos. Das waren allerdings Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. Es gab keinen hörbaren Unterschied zwischen dem Tesla und den nachfolgenden Fahrzeugen. Bis auf den einen LKW und der eine Trecker, waren alle Autos exakt gleich laut. In der Stadt, außerhalb von Spielstraßen, Fußgängerzonen mit Autoverkehr und Tempo 30 Zonen gibt es also keinen nennenswerten Vorteil. Außer an der Ampel, wenn die E-Autos los fahren.

Aber auch im Fahrzeug spielt der E-Antrieb seine Karten nicht voll aus. Im Stand auf jeden Fall, aber je höher das Tempo, desto lauter wird es im Fahrzeug. Und woran liegt das? An dem Wind natürlich. Denn der lässt sich nicht beeinflussen. Ein Test der AUTO ZEITUNG zeigt dies ganz deutlich: In der Ausgabe 5/2020 wurde ein Tesla Model S gegen den Porsche Taycan und dem BMW M5 Competition verglichen. Nachfolgend die Geräusche im Innenraum in Dezibel angegeben:

Innengeräusche BMW M5 Competition Porsche Taycan Turbo S Tesla Model S Perfomance "Ludicrous"
Standgeräusch 52 dB(A) 33 dB(A)

36 dB(A)

bei 50 km/h 3.Gang 59 dB(A) 55 dB(A)

54 dB(A)

bei 100 km/h höchster Gang 63 dB(A) 64 dB(A)

63 dB(A)

bei 130 km/h höchster Gang 69 dB(A) 67 dB(A)

67 dB(A)

Original Testergebnisse der AUTO ZEITUNG Ausgabe 5/2020. Im Vergleichstest traten die drei oben genannten Fahrzeuge gegeneinander an.

 

Man sieht deutlich, wie sich die drei Autos immer weiter annähern, je schneller sie fahren. Damit schwindet auch eines der letzten Vorteile eines E-Autos davon.


Nummer 6: Endlich ein E-Auto - aber ein Jahr Lieferzeit und mehr?

 

Bevor jetzt gemeckert wird, ich wäre parteiisch und würde mit sinnlosen Argumenten versuchen, E-Autos schlecht zu machen: Natürlich haben auch "normale" Autos teilweise viel zu lange Lieferzeiten von einem halben Jahr bis über einem Jahr. Doch bei E-Autos gibt es einen weiteren Grund für lange Lieferzeiten: die Batterie. Sie wird aufwendig hergestellt und braucht daher eine bestimmte Zeit, bis sie fertig ist. Wenn dann die Nachfrage immer weiter steigt, müssen immer mehr Batterien produziert werden. Es ist also ein Teufelskreis, den die Hersteller erst langsam in den Griff bekommen. Viele haben nämlich gar nicht erst mit einer hohen Nachfrage gerechnet und haben daher wenig Batterien bestellt. Das rächt sich jetzt. 


Nummer 7: eine Million Elektroautos bis 2020 - aber ohne Fleiß kein Preis

 

2010 sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) folgendes: "Bis 2020 sollen in Deutschland 1 Million E-Autos auf den Straßen rollen" (sinngemäß). Stand 02/2019 waren es gerade mal 142.000 E-Autos, die auf den deutschen Straßen unterwegs waren, im letzten Jahr kamen ca. 63.000 Fahrzeuge dazu. Überhaupt war 2019 ein Rekordjahr in Sachen neu zugelassener E-Autos. Nicht erst durch die 4.000€ E-Auto Prämie wollten viele ein E-Auto kaufen. Nun soll das 1 Million Ziel 2025 erreicht werden. Um das zu erreichen, soll die Förderprämie auf 6.000€ gesteigert werden - doch aktuell kann man diese nicht abrufen. Irgendwo zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und den EU-Behörden in Brüssel stecken die Pläne dazu gerade fest. Ein Trauerspiel, welches nur noch durch den BER und Stuttgart21 getoppt wird. 


Nummer 8: CO2 neutral fahren -  leider klappt auch dies nicht so ganz

 

Für einige steht fest: Ein Auto ist besser für die Umwelt. Denn man tankt ja Strom und verbraucht während der Fahrt kein Tropfen Kraftstoff. Doch man muss sich fragen, wo der Strom eigentlich herkommt. Aktuell besteht der deutsche Strommix aus 52,7% herkömmlichen Quellen (Erdöl, Stein- und Braunkohle, Erdgas und Kernenergie) und 47,3 % erneuerbare Energie (Wind- und Sonnenenergie, Biomasse, Wasserkraft und Solar). Solange der Strom aber nicht zu 100% aus erneuerbaren Energien kommt, ist der Strom nicht sauber, das E-Auto stößt indirekt also trotzdem Emissionen aus. Hinzu kommt der Reifenabrieb und evtl. Bremsenstaub. Dies fällt dann unter die Kategorie "Feinstaub". Und auch die Herstellung muss man sich genau anschauen. Wird hier nicht CO2 neutral produziert, fällt die Umweltbilanz erschütternd aus. 


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